Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT, Deutschland

Company: Fraunhofer Institute for Production Technology IPT
Industry: Medical research / Industry 4.0 application
DENSO Products Used: VS-087 
Company Location: Germany    
Website: www.ipt.fraunhofer.de

 

DIE HERAUSFORDERUNG

Die Stammzellforschung ist eine der innovativsten Bereiche der aktuellen medizinischen Forschung und nimmt bei der Entwicklung neuartiger Wirkstoffe eine entscheidende Funktion ein: Grundlage dieser Forschung sind Stammzellen, eine besondere Rolle spielen hierbei mesenchymale Stammzellen (kurz MSC), d.h. reife Stammzellen, die aus dem Gewebe erwachsener Menschen gewonnen werden und sich daher im Gegensatz zu embryonalen Stammzellen auf ethisch vertretbare Art und Weise isolieren lassen. Diese Stammzellen sind dank ihrer besonderen Eigenschaften für die regenerative Zelltherapie hochinteressant, denn sie können viele neue Zelltypen bilden, andere Zellen zum Wachstum anregen und positiv auf das Immunsystem eines Menschen einwirken.

Allerdings dauert die Kultivierung dieser Zellen lange und ist arbeitsintensiv; ferner wird mit Zellen vieler verschiedener Spender gearbeitet, die unterschiedlichste biologische Merkmale aufweisen. In der manuellen Zellkultur wird die Variabilität oft dadurch verstärkt, dass Handhabungsabläufe unterschiedlich durchgeführt werden. Die menschliche Interaktion erhöht das Fehlerrisiko sowie die Reproduzierbarkeit. Überdies sind Zellkulturen lebendes Material, so dass eine Reinraumumgebung entscheidend ist und besondere Anforderungen an die eingesetzten Geräte gestellt werden.

DIE LÖSUNG

Die Lösung ist die Schaffung einer vollautomatisierten, geschlossenen aber flexibel agierenden Plattform für die Kultivierung von Stammzellen, die StemCellDiscovery, ein weltweit führendes Pilotprojekt des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie in Aachen. In der Anlage sollen MSCs vermehrt, erforscht und verschiedene Laborprozesse durchgeführt werden – von der Kultivierung der Zellen bis zur Gewinnung experimenteller Daten.

Entscheidende Erfolgsfaktoren dieser Anlage sind die leichte Integrierbarkeit aller Geräte, die gleichmäßige, präzise Reproduzierbarkeit der Abläufe, eine individuelle, modulare Steuerung der Prozesse, höchste Qualität der Zellprodukte, sowie die Integration und Weiterentwicklung von Messtechnik für die Qualitätssicherung und Analyse – die Nutzung aller Geräte in der Anlage kann dank eines DENSO-Roboters umgesetzt werden.

Beim DENSO-Roboter handelt es sich um einen VS-087, der eine zentrale Rolle in der Anlage übernimmt: er fungiert als flexible Handlingeinheit für alle Transporte innerhalb der Plattform, er transportiert Zellkulturen in Multitierplatten und Falcon Tubes zwischen einzelnen Prozessier- sowie Messgeräten und erlaubt eine hochpräzise Positionierung derselben. Diese Genauigkeit ist insbesondere beim Mikroskop gefragt, wo das Zellkulturgefäß zusätzlich vom Roboter umgriffen wird, um dieses in die dafür vorgesehene Halterung einzusetzen. Die Flexibilität des Roboters kommt weiterhin bei der Ressourcenbereitstellung, wie dem Transport von Pipettenspitzen vom Magazin zur Liquid Handling Unit, zum Tragen.

Darüber hinaus übernimmt der Roboter alternativ das „Shaken“ der Kulturen: Hierbei kommt es auf eine gleichmäßige und reproduzierbare Umsetzung an; so schwenkt der Roboter die Zellprodukte stets mit derselben Geschwindigkeit und Bewegung – ein entscheidender Faktor, denn durch ungleichmäßige Bewegung ist es möglich, dass Zellen sich an den Rändern des Gefäßes festsetzen und so ein verändertes Wachstum vorliegt. Hierbei gilt es, eine konstante Beschleunig über die Bewegung des Roboters auf die Zellkultur zu übertragen, damit diese eine gleichmäßige Verteilung im Zellkulturgefäß erfahren.

Ferner beruht die Anlage auf dem Zusammenspiel verschiedenster Geräte, weshalb die jeweilige Integrierbarkeit eine entscheidende Rolle spielt. Um eine hohe Flexibilität des Gesamtsystems zu erhalten, wurde hierbei der Ansatz einer dienstbasierten-Softwarearchitektur verfolgt. Eine eigens entwickelte, sich anpassende Prozess-Software kontrolliert alle Abläufe, reagiert flexibel auf diese (u.a. Wachstum der Zellen) und kann individuell je nach Bedarf einzelne Dienste modular ausführen. Diese Dienste werden über das Integration Framework aus allen Geräten extrahiert und erlauben dem User eine beliebige Zusammenstellung derselben über die Leitebene vorzunehmen. Die Idee dahinter: Jedes Gerät bietet parametrisierbare Dienste an, die sich manuell über eine intuitive Benutzeroberfläche steuern oder zu komplexen Abläufen zusammenstellen lassen. Damit liegen alle ein- und ausgehenden Daten der Geräte in vereinheitlichter Form vor. Für den User sind alle Geräte – vom Mikroskop über den DENSO-Roboter über eine Liquid Handling Unit bis hin zum Inkubator und verschiedene Magazine – auf einer grafischen Benutzeroberfläche steuerbar. Die Software ist dabei in der höheren Programmiersprache C# geschrieben, die es ermöglicht, komplexe logische Zusammenhänge zu abstrahieren und eine objektorientierte Programmierung zu realisieren.

Der VS-087 ist ebenfalls über das Integration Framework an die Anlage angebunden. Durch die bereitgestellte Roboterschnittstelle lassen sich die Dienste des Roboters aus der realen Welt abbilden und ermöglichen eine sehr intuitive Nutzung des Roboters. Gesteuert wird der Roboter über den eingebauten RC8 Controller, die Schnittstellen-Kommunikation basiert auf ORiN2 und der Möglichkeit einer Ansteuerung per C#, die sich sehr gut in die Software-Architektur einbetten lässt. Die Software übernimmt dabei auch die gesamte Überwachung des Roboters, so dass sich etwaige Prozessschwankungen sofort registrieren und beheben lassen. Ein Aktivitätsprotokoll wird an die Steuerungssoftware weitergeleitet, um den User beispielsweise Informationen zum Status zu geben.

Ausschlaggebend für die Wahl des VS-087 waren insbesondere die leichte Integrier- und Programmierbarkeit: Um die manuellen Prozessschritte in der automatisierten Anlage abbilden zu können, war die Integration von verschiedenen Geräten in die Anlage notwendig. Wie bei vielen innovativen Forschungsprojekten stand die Auswahl der Geräte lange vor der Software-Entwicklung fest. Hierbei wurde insbesondere beim Roboter auf eine flexible Integrationsmöglichkeit geachtet, welche auch im Nachgang einen hohen Grad an Flexibilität und Entscheidungsfreiheit erlaubt. Darüber hinaus war die Reinraumtauglichkeit ausschlaggebend. Nicht zuletzt konnte dank der Bauweise des VS-087 eine kompakte Anlage entwickelt werden. Der hierfür entwickelten Multifunktionsgreifer kann durch die Roboterkinematik an jeden Ort der Anlage bewegt werden und erlaubt ein Höchstmaß an Präzision.

Die objektorientierte Programmierung des DENSO-Roboters erlaubt ein hohes Maß an Sensorintegration, die wiederum neue Möglichkeiten der Selbstoptimierung eröffnet und die Prozessstabilität deutlich optimieren dürfte: Durch die direkte Koppelung zwischen Sensor und Roboter lassen sich Greifoperationen sowie Bahnplanungen während der Roboterbewegung regeln. Dies kann insbesondere in abgeschlossenen sterilen Anlagen, wie in der vorhandenen Applikation, zu einer signifikanten Steigerung der Prozessrobustheit beitragen.

DAS ERGEBNIS

Die StemCellDiscovery liefert wertvolle Erfahrungen über innovative Steuerungstechniken im Bereich Laborautomatisierung. Der Einsatz eines Industrieroboters ermöglicht hierbei die geforderte Flexibilität in Bezug auf das Handling jeglicher Materialien sowie Produkte bei gleichzeitiger Gerätezuverlässigkeit. Diese Erfahrungen werden nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Medizin- und Pharmaindustrie bei der Realisierung weiterer Produktionslösungen für andere Zellprodukte helfen.

 

Die Plattform ermöglicht nicht zuletzt dank der serviceorientierten Architektur sowie der flexiblen Handhabung durch den VS-087 eine einfache Umsetzung verschiedenster Prozesse, so dass künftig neben anderen Zellkulturen auch die Integration externer User in nur kurzer Vorlaufzeit ermöglicht wird. In Zukunft werden standardisierte und validierte Funktionsbausteine zur Verfügung stehen, die für diese Anwender noch mehr Effizienz und Qualität garantieren um Zellprodukte im industriellen Standard zu produzieren.

Besonderen Wert hat die Kommunikation der einzelnen Komponenten untereinander, da dies für eine effiziente Modularisierung unumgänglich ist und das Maß der Adaptivität begünstigt. Vor dem Hintergrund der Industrie 4.0 ist die Vernetzung von Geräten und Maschinen eine Voraussetzung, um innovative Forschung zu gewährleisten.

In Zukunft wird die Anlage, durch  Anwendung statistischer Methoden (BigData and Analytics) zu neuen Erkenntnissen beitragen, welche die Suche nach innovativen Therapien begünstigen und beschleunigen werden.